Der Moro Reflex (Schreckreflex)

Dieser frühkindliche Reflex ist oft verantwortlich für Ablenkbarkeit und Aggression.

Der Moro-Reflex besteht beim Neugeborenen aus zwei Phasen und wird durch plötzliche Reize, wie Bewegungen, Berührungen, Geräusche oder Lagewechsel ausgelöst. In der ersten Phase spreizt das Kind Arme und Beine vom Körper ab, öffnet die Hände, legt den Kopf in den Nacken, öffnet den Mund und atmet ein. Dies ist die Phase, die den ersten Atemzug bei der Geburt unterstützt. In der zweiten Phase findet nach einem kurzen Erstarren eine Umkehr der Bewegungen statt. Der Kopf geht zur Brust, Hände, Arme und Beine schließen sich wieder. Das Kind atmet aus und es erfolgt eventuell ein Schrei.

Ein Kind mit Restreaktionen des Moro-Reflexes kommt durch harmlose Reize in Alarmstimmung, weil seine Wahrnehmung geschärft ist. Es muss viel mehr Sinneseindrücke verarbeiten und unfähig, unwichtige Informationen auszufiltern. Weil das Kind eine Unmenge an Details aufnimmt, verliert es den Überblick und kann sich nicht auf eine Sache konzentrieren. Wird es zuviel, schaltet das Kind ab und fängt an zu träumen. Vieles geht an dem Kind vorbei. Es kann dadurch eine eigenartige Mischung entstehen: Einerseits bekommt das Kind alles mit, was um es herum vorgeht. Andererseits gehen oft wesentliche Dinge an ihm vorbei.

Die Wahrnehmung ist nicht nur geschärft, sondern es bestehen häufig auch Probleme mit deren Verarbeitung. Dies verursacht eine zusätzliche Verunsicherung, da der Betroffene ständig auf widersprüchliche Informationen reagieren muss. Situationen, die sich immer in gleicher Weise wiederholen, sind besser einschätzbar und verursachen deshalb weniger Stress. Darum bevorzugen diese Kinder oft das Gewohnte und sträuben sich gegen Neues.

Soll das Kind einen Ball fangen, so löst dieser, wenn er auf das Kind zufliegt, eventuell eine Mororeaktion hervor. Dies bedeutet, dass sich die Arme erst etwas nach außen bewegen, bevor sie zum Greifen zusammenkommen. Diese Verzögerung kann das Fangen des Balls erschweren oder unmöglich machen. Stolpert ein solches Kind, so erschrickt es. Dies löst eine Mororeaktion aus: die Arme gehen kurz auseinander und bevor es sich abstützen kann, liegt es bereits auf der Nase.

Neben den sichtbaren Bewegungen des Reflexes werden auch unsichtbare vegetative Reaktionen ausgelöst, die weit gravierendere Wirkungen haben als die von ihm ausgelöste Bewegung. Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet. Der Sympathikus, Teil unseres vegetativen Nervensystems, der uns auf Kampf oder Flucht einstellt, wird aktiviert. Diese vegetativen Veränderungen haben weitreichende Folgen und beeinflussen unser gesamtes Verhalten.

Sind Reste des Moro-Reflexes noch aktiv, so befindet sich der Betroffenen bereits durch relativ geringe Reize in einer vermeintlichen Gefahrensituation. Viele Kinder fühlen sich dadurch leicht angegriffen und agressiver. Ein Kind mit Restreaktionen eines Moro-Reflexes kann ein ängstliches Kind sein, das Probleme hat Kontakt zu finden, das sich zurückzieht. Oder wir sehen ein überaktives, aggressives Kind, das sich leicht aufregt und zu Wutausbrüchen neigt. Es neigt eher zum Angriff und kommandiert gerne.